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Unzulässige Werbung: E-Zigarette mindestens 1.000mal weniger schädlich als eine Tabakzigarette

Die Werbeaussagen, dass eine e-zigarette "mindestens 1.000mal weniger schädlich als eine Tabakzigarette ist" und als "einzigen Schadstoff Nikotin enthält" sind irreführend und damit unzulässig. 

Der Sachverhalt

Die beklagte Firma vertreibt elektronisch betriebene Zigaretten (E-Zigaretten) und entsprechende Liquids im Internet. Die Liquids enthalten im Wesentlichen den Lebensmittelzusatzstoff Propylenglycol. Die Beklagte bewarb die E-Zigarette u.a. mit den Worten, dass sie "mindestens 1.000mal weniger schädlich ist als die Tabakzigarette" und dass "der einzige Schadstoff, den die E-Zigarette enthält, Nikotin ist. Diese Werbung hat der klagende Verband aus Berlin für unzutreffend und damit irreführend erachtet und die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht Hamm hat den bereits vom Landgericht ausgeurteilten Unterlassungsanspruch bestätigt. Die beanstandeten Werbeaussagen seien irreführend. Eine E-Zigarette sei ein Genussmittel.

Gesundheitsbezogene Werbeaussage

Die Werbung für ein Genussmittel mit dem Hinweis auf dessen geringere Risiken betreffe das Gesundheitswesen. Auf diesem Gebiet seien Werbeaussagen nur zuzulassen, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entsprächen. Das habe der Werbende darzulegen. Eine solche Darlegung sei der Beklagten in Bezug auf die streitgegenständlichen Werbeaussagen nicht gelungen.
Ein beigebrachtes Gutachten eines Professors vom Institut für Rechtsmedizin in Frankfurt belege nicht, dass die E-Zigarette mindestens 1.000mal weniger schädlich sei als die Tabakzigarette. Nach dem Gutachten sei die E-Zigarette zwar deutlich untoxischer, allerdings gebe es noch keine aussagekräftigen Untersuchungen zu ihrer Sicherheit und den Langzeitfolgen. Die Einschätzungen des Gutachters rechtfertigten daher nicht die Aussage, die E-Zigarette sei ein 1.000mal weniger schädliches Produkt.

Nikotin der einzige Schadstoff der E-Zigarette?

Die weitere Werbeaussage, nach der Nikotin der einzige Schadstoff der E-Zigarette sei, sei nach dem vorgelegten Gutachten sogar unzutreffend. Dieses sehe den Hauptbestandteil des Liquids, das beim Konsum mitaufgenommene Propylenglycol, nicht als vollkommen unbedenklich an. Nach dem Gutachten sei der Stoff im Verhältnis zu anderen schädlichen Stoffen nur harmloser ("relativ untoxisch"). Nach einer Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung werde Propylenglycol zudem mit Reizungen der Nasen-Rachenschleimhäute in Verbindung gebracht und mit einem trockenen Mund und einer trockenen Kehle als Nebenwirkungen.
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm, Beschlüsse vom 10.09.2013 und vom 22.10.2013 - 4 U 91/13





VG Köln - 02.04.2012 - E-Zigarette ist kein Arzneimittel

02.04.2012 - VG Köln urteil: E-Zigarette ist kein Arzneimittel
Das VG Köln hat entschieden, dass die sogenannte "E-Zigarette" auch dann kein zulassungsbedürftiges Arzneimittel ist, wenn die enthaltenen Liquid-Depots Nikotin enthalten.
Geklagt hatte ein Hersteller sowie ein Vertriebsunternehmer, deren Produkte in Form und Farbe einer herkömmlichen Zigarette ähneln. Diese bestehen aus einer Hülle, einem elektronisch gesteuerten Verdampfer mit Akku sowie einem Papierfilter mit dem integrierten Liquid-Depot. Die "E-Zigarette" wird nach dem Zusammenbau wie eine Zigarette gebraucht, wobei die durch den Akku erzeugte Wärme die im Depot befindliche Flüssigkeit verdampft. Der Benutzer atmet beim Inhalieren einen Aerosoldampf ein, der Tabakaromen und Nikotin enthält. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn als für die Arzneimittelzulassung zuständige Bundesbehörde hatte in einem vergleichbaren Fall verbindlich festgestellt, dass es sich bei nikotinhaltigen "E-Zigaretten" um Arzneimittel handele und diese Auffassung in einem Schreiben an die Kläger bekräftigt. Infolge dessen kam es zu strafrechtlichen Ermittlungen und Warnschreiben von Überwachungsbehörden der Länder.
Das VG Köln hat die Arzneimittel-Eigenschaft der "E-Zigarette" verneint.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts kann Nikotin zwar auch ein Arzneistoff sein und als solcher auch zu medizinischen Zwecken eingesetzt werden. In der Anwendungsform der "E-Zigarette" fehle es dem Stoff jedoch an der für ein Arzneimittel erforderlichen therapeutischen oder prophylaktischen Zweckbestimmung. Es gehe vielmehr darum, das Verlangen des Verwenders nach Nikotin zu befriedigen. In diesem Sinne handele es sich um ein Genussmittel. Den erforderlichen Beleg einer therapeutischen Eignung habe die Behörde nicht erbracht. Die mit dem Genuss von Nikotin und anderer Inhaltsstoffe möglicherweise verbundenen Gesundheitsgefahren allein rechtfertigten nicht die Einordnung als Arzneimittel.
Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach dessen Zustellung Berufung beim OVG Münster eingelegt werden.
Gericht/Institution:VG Köln
Erscheinungsdatum:02.04.2012
Entscheidungsdatum:02.04.2012
Aktenzeichen:7 K 3169/11


23.04.2012 - Oberverwaltungsgericht untersagt Gesundheitsministerin Steffens (NRW) Warnungen vor E Zigaretten

Mit Beschluss vom 23. April 2012 hat der 13. Senat des Oberverwaltungsgerichts dem Land Nordrhein-Westfalen (Antragsgegner) durch einstweilige Anordnung die in einer „Pressemeldung“ vom 16. Dezember 2011 enthaltenen Warnungen vor E Zigaretten untersagt.
In dieser „Pressemeldung“ hatte das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium vor nikotinhaltigen E-Zigaretten gewarnt, da diese als Arzneimittel anzusehen, aber nicht zugelassen seien und der Handel mit nicht als Arzneimittel zugelassenen E Zigaretten strafbar sei. Am selben Tag informierte das Ministerium die Bezirksregierungen über die nach seiner Meinung bestehende Rechtslage. Nikotin sei eine pharmakologisch wirkende Substanz und nikotinhaltige Liquids unterlägen als Funktionsarzneimittel dem Arzneimittelrecht. Die E-Zigarette als Applikator unterliege dem Medizinproduktegesetz. Der Erlass wurde auch allen Apotheken im Bereich der Apothekerkammer Nordrhein zur Kenntnis gegeben und zwar mit dem  Zusatz „Bitte informieren Sie auch Ihre Mitarbeiter/innen“.
Die Antragstellerin, die E Zigaretten produziert und vertreibt, beantragte beim Verwaltungsgericht Düsseldorf, dem Ministerium diese Äußerungen im Wege einer einstweiliger Anordnung zu untersagen. Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht ab.
Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das Oberverwaltungsgericht mit dem eingangs erwähnten Beschluss die Entscheidung des Verwaltungsgerichts geändert und dem Antragsbegehren im Wesentlichen stattgegeben.
Zur Begründung hat es ausgeführt: Mit Rücksicht auf die Berichterstattung in den Medien zur Verkehrsfähigkeit der E-Zigarette spreche Überwiegendes dafür, dass die streitigen Äußerungen des Ministeriums wie ein Verbot wirkten. Deshalb sei die rechtliche Einschätzung des Ministeriums nicht nur auf seine Vertretbarkeit zu überprüfen, vielmehr habe das Gericht eine eigene rechtliche Wertung am Maßstab des Arzneimittelgesetzes und des Medizinproduktegesetzes vorzunehmen. Danach seien die in der „Pressemeldung“ und in dem Erlass enthaltenen Äußerungen rechtswidrig. Die E-Zigarette und ein nikotinhaltiges Liquid unterfielen weder dem Arzneimittelgesetz noch dem Medizinproduktegesetz. Das Liquid erfülle nicht die gesetzlich normierten Voraussetzungen eines Arzneimittels. Es stehe nicht die Entwöhnung vom Nikotinkonsum oder die Linderung einer Nikotinabhängigkeit im Vordergrund. Die E-Zigarette nebst Zubehör habe auch keine für ein Arzneimittel erforderliche therapeutische oder prophylaktische Zweckbestimmung.
Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.
Er ist in Kürze in der Rechtsprechungsdatenbank NRWE http://www.justiz.nrw.de/Bibliothek/nrwe2/index.php zu finden.
Aktenzeichen: 13 B 127/12
QUELLE: JUstiz-Online

27.04.2012 - RP Darmstadt stuft Nikotin LIquids NICHT nach AMG ein.

Mit Schreiben vom 27.04.2012 stuft das Regierungspräsidium Darmstadt nikotinhaltige Liquids NICHT als Arzneimittel ein.

OVG LSA - Nikotin-Liquids unterliegen nicht dem Arzneimittelgesetz - 07.06.2012

Oberverwaltungsgericht Land Sachsen Anhalt - Pressemitteilung Nr.: 007/2012
Magdeburg, den 7. Juni 2012
(OVG LSA) Für den Betrieb von E-Zigaretten bestimmte Nikotin-Liquids unterliegen nicht dem Arzneimittelgesetz
Die Antragstellerin betreibt in Magdeburg ein Tabakwarengeschäft. Mit Verfügung vom 18. März 2012 untersagte ihr die Landeshauptstadt Magdeburg den Verkauf eines sogenannten Nikotin-Liquids, welches zum Gebrauch in elektrischen Zigaretten verwendet wird. Bei dem Liquid handelt es sich um ein Flüssigkeitsgemisch, welches überwiegend Propylenglycol und pflanzliches Glycerin sowie zu einem geringen Anteil Nahrungsmittelaromen und Nikotin enthält. Beim Gebrauch der elektrischen Zigarette wird das Liquid verdampft und der Benutzer atmet beim Inhalieren den nikotinhaltigen Dampf ein. Nach Auffassung der Landeshauptstadt Magdeburg handele es sich bei dem Liquid wegen des Inhaltsstoffes Nikotin um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel, welches ohne - die hier nicht vorhandene - Zulassung nicht verkauft werden dürfe. Ein gegen das Verkaufsverbot beim Verwaltungsgericht Magdeburg gerichteter Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes blieb ohne Erfolg.
Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt hat mit Beschluss vom 5. Juni 2012 auf die Beschwerde der Antragstellerin hin das Verkaufsverbot vorläufig außer Vollzug gesetzt. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts kann Nikotin zwar auch zu medizinischen Zwecken (z. B. in Nikotinpflastern zur Raucherentwöhnung) eingesetzt werden. In der Anwendungsform der sog. elektrischen Zigarette fehle es dem Nikotin jedoch an der für ein Arzneimittel erforderlichen therapeutischen oder vorbeugenden Zweckbestimmung. Im konkreten Fall sei das Nikotin-Liquid auch nicht vom Hersteller mit einer Heilwirkung beworben worden. Es gehe vielmehr darum, das Verlangen des Verwenders nach Nikotin zu befriedigen. In diesem Sinne handele es sich bei dem Nikotin-Liquid um ein Genussmittel. Der Umstand, dass es sich bei Nikotin um einen giftigen Gefahrstoff handele, rechtfertige für sich besehen noch nicht die Einordnung als Arzneimittel.
Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 5. Juni 2012, Akteneichen: 3 M 129/12 (komplett als PDF klick hier)
VG Magdeburg, Beschluss vom 30. März 2012, Aktenzeichen: 1 B 86/12 MD

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